Stift Wilten
Das älteste Kloster Tirols
Die Stiftsgebäude stehen im Bereich der Ruinen der römischen Siedlung Veldidena. Im 16. Jahrhundert wurden dort zahlreiche römische Ziegel, Münzen und Mauerreste entdeckt. Auch die Stiftskirchenpatrone St. Laurentius und St. Stephanus, die im Stiftswappen dargestellt sind, deuten auf die römische Erstbesiedelung hin.
Was lange als Vermutung galt, wurde bei der umfassenden Renovierung der Stiftskirche von 2005-2008 inklusive archäologischer Grabungen zur Gewissheit. Die gefundenen Mauerreste des ersten Kirchenbaues datieren in das 5./6. Jh.
Der Sage nach wurde das Kloster vom Riesen Haymon ca. um 880 gegründet. „Der gefürchtete Riese Haymon bezwang seinen Kontrahenten, den Riesen Thyrsus, aufgrund der besseren Bewaffnung im Zweikampf. Ein Mönch bekehrte Haymon zum Christentum. Im Gefühl der Reue über seine Tat stellte er den Bau seines Schlosses ein und begann den Bau des Klosters. Der Teufel war darüber erzürnt und befahl einem Lindwurm den Weiterbau des Klosters zu verhindern. Haymon tötete das Tier und schnitt die Zunge heraus. Nach Fertigstellung des Klosters wurde Haymon Bruder des Stifts. Er wurde auch darin beigesetzt.“ Nach zeitgenössischer Interpretation des 17. Jahrhunderts verkörpert der Riese Thyrsus die rätoromanische Urbevölkerung und Haymon die eindringenden Bajuwaren, die im 6. Jahrhundert das Inntal besiedelten. Im Kampf Haymons gegen Thyrsus wird somit die Unterwerfung der Rätoromanen durch die Bajuwaren symbolisiert.
Abt Heinrich Schuler (1922–1949) war ein unermüdlicher Forscher, besonders was Alter und Geschichte der Stiftskirche anbelangt. Er stellte fest, dass es sich bei der ersten Kirche in Wilten wohl nur um einen kleinen Holzbau gehandelt hat, umgeben von schlichten Hütten – den ersten Klostergebäuden. Urkundlich erwähnt werden Kirche und Kloster im Jahre 1138 bei der Einsetzung durch den Brixener Bischof Reginbert, auf dessen Wunsch Prämonstratenser aus dem oberschwäbischen Kloster Rot an der Rot ein älteres Kollegiatstift von Weltpriestern ablösten; Papst Innozenz II. bestätigte am 30. April 1138 dem Wiltener Kanonikerorden unter seinem ersten Propst namens Marquard die Augustinusregel in ihrer prämonstratensischen Ausprägung, den Besitzstand, das freie Propstwahl- und Begräbnisrecht und die Vorrechte des Brixener Diözesanbischofs.
Ein gotisches Tafelgemälde des ehemaligen Ursulaaltars zeigt eine spätmittelalterliche Ansicht von Kirche und Kloster. Die dreischiffige Pfeilerbasilika mit erhöhtem Mittelschiff dürfte bereits in romanischer Zeit dieselben Ausmaße gehabt haben. Im Osten schloss ein erhöhter Chor in drei Apsiden; darunter befand sich eine Krypta, Begräbnisort der Äbte und adeliger Stifter. Unter dem als Seligen verehrten Abt Wernher wurde die Kirche bereits um 1300 im frühgotischen Stil wiedererrichtet.
Seine Blütezeit erlebte das Stift im 17. und 18. Jahrhundert. Unter Abt Dominikus Löhr (1651–1687) kam es zur Grundsteinlegung des barocken Kirchenbaues, nachdem unter dem Vorgänger Abt Andreas Mayr der einstürzende Turm den gotischen Bau vollends zerstört hatte.
Die eigentliche Weihe der Kirche und des Hochaltars vollzog am 18. Oktober 1665 der Brixener Fürstbischof Sigmund Alfons Graf Thun. Kaiser Leopold I. war höchstpersönlich zugegen. Der Nordturm wurde 1667 vollendet, der Südturm jedoch nur bis zur halben Kirchdachhöhe ausgeführt, da der Hofbaumeister Christoph Gumpp 1672 gestorben war. Später vorgenommene Änderungen und Ergänzungen (Kanzel, Speisgitter, Tabernakel am Kreuzaltar usw.) sowie der Wiederaufbau nach den Bombardements von 1943 und 1944 können den Eindruck einer geschloss-enen frühbarocken Anlage nicht verwischen.
Das Stift geriet im Laufe der Geschichte immer wieder in große Bedrängnis. 1807–1816 war das Kloster durch eine Verfügung des Königreiches Bayern aufgelöst. In der NS-Zeit wurde das Stift gezwungen, das Kloster dem Reichsgau Tirol-Vorarlberg zu verkaufen, sodass 1946 nach Bombardierung und NS-Herrschaft ein Neubeginn nötig war.
Erst 1988 wurde diese Aufbauphase zum 850. Gründungsjubiläum abgeschlossen.
Abt Leopold
Leopold Jürgen Baumberger wurde 1987 in Steyr geboren, studierte zuerst Pharmazie in Graz, danach Theologie in Innsbruck. Er trat 2014 ins Stift Wilten ein, wurde 2019 zum Priester geweiht und war seither als Seelsorger im Sellrain tätig (u.a. auch als Feuerwehr- und Schützenkurat). Am 4. Mai 2023 wurde er zum 56. Abt des Stiftes Wilten gewählt. Der Wiltener Abt ist zudem Haus-, Hof- und Erbkaplan des Landes Tirol.
„Die ersten Spuren des Glaubens reichen in Wilten bis in die Zeit der Römer zurück. Diese Tradition ist ein lebendiger Schatz, der uns anvertraut ist. Jede Generation hat den Auftrag, diese Geschichte weiterzuschreiben. Beständig muss der Boden bearbeitet werden, damit die Frohe Botschaft des Auferstandenen bei den Menschen ankommen und im Herzen Wurzeln schlagen kann. Dafür sind das Zusammenwirken der Talente und Fähigkeiten, sowie der volle Einsatz der ganzen Gemeinschaft nötig, ebenso wie die Unterstützung durch Menschen, die mit uns zu Gott unterwegs sind. Möge ER stets aufs Neue das Feuer des Heiligen Geistes entfachen, damit Wilten noch für viele weitere Generationen ein Ort des lebendigen Glaubens bleibt. Ich bitte alle herzlich um ihr Gebet, auf dass es uns miteinander gelingt, diese Brücke in die Zukunft zu schlagen!„ – Abt Leopold nach der Benediktion.
Sein Vorgänger Alt-Abt Raimund Schreier wurde 1952 in Innsbruck geboren und wurde 1971 eingekleidet und nach dem Theologiestudium 1977 zum Priester geweiht. Seit 1978 ist er Rektor der Wiltener Sängerknaben. 1992 wurde Raimund Schreier als Nachfolger von Alois Stöger zum Abt gewählt. Seit 2017 ist er Großprior der österreichischen Statthalterei des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem.
Im Beisein von Landeskommandant Mjr. Thomas Saurer und weiteren Mitgliedern der Bundesleitung und unter dem Gesamtkommando von Viertel-Kommandant Mjr. Andreas Raass versammelten sich am Sonntag 04. Juni.2023 die Ehrenformation der Schützenkompanie Wilten, der Schützenkompanie Sellrain, der Schützenkompanie Gries im Sellrain, die Bundesstandarte der Tiroler Schützen sowie die Musikkapellen Sellrain, Gries und Wilten, Abordnungen des Bataillons Innsbruck und Sonnenburg mit ihren Bataillonsstandarten, sowie Abordnungen der Tiroler Traditionsverbände, der Feuerwehr und der Malteser um gemeinsam mit dem Land Tirol, dem Wiltener Konvent und der Tiroler Bevölkerung der Benediktion von Abt Leopold durch Bischof Hermann Glettler beizuwohnen.
Der Haus-, Hof- und Erbkaplan des Landes Tirol erhielt bei der Benediktionsmesse den Krummstab, den Siegelring und die Mitra. Anschließend an die Messe wurde dem 56. Abt von Stift Wilten durch Landeshauptmann Anton Mattle das Pektorale, gestiftet vom Land Tirol, überreicht.
Als Schützenkurat hat Abt Leopold bereits im vergangenen Jahr, neben den kirchlichen Feiern, Veranstaltungen und Ausrückungen seiner Kompanien auch auf Bundesebene, z.B. bei der Gesamt-Tiroler Schützenwallfahrt in Absam mitgewirkt. In seiner neuen Funktion kann diese Zusammenarbeit im Sinne unserer Grundsätze und unseres ersten Leitmotivs – Aktives und soziales Engagement in und mit den Kirchen – intensiviert werden.
„In unseren Grundsätzen bekräftigen wir Tiroler Schützen unsere Treue zu Gott und unser aktives, soziales Engagement in der Kirche. Zur Abtbenediktion gratulieren wir unserem Schützenkuraten Leopold Baumberger von Herzen! Wir freuen uns auf eine weiterhin gute und enge Zusammenarbeit!“ – Landeskommandant Major Thomas Saurer
Weitere Informationen:
Stift Wilten (Hrsg.): 850 Jahre Praemonstratenser Chorherrenstift Wilten. Buchverlag Tiroler Tageszeitung, 2. Aufl., Innsbruck 1989.
Das Prämonstratenserstift Wilten. Schlachta, Astrid von (2006): In: Hannes Obermair et al.: Dom- und Kollegiatstifte in der Region Tirol-Südtirol-Trentino in Mittelalter und Neuzeit (= Schlernschriften 329), Innsbruck, S. 239–251.